Gefangen im Sein- Theaterfazit zu: Leonce und Lena.

GeschenkIch habe von meiner Theatergruppe ein Gutscheinpaket geschenkt bekommen und habe es gleich am übernächsten Tag genutzt. Ich war in „Leonce und Lena“, ein Lustspiel von Georg Büchner. Ich bin total unbedarft hineingegangen erst zum Schluss bekam ich mit, dass es schon Uralt (1836) ist. Ich spüre jetzt noch das Sitzkissen unter meinem Hintern, atme die trockene Luft des Theatersaals ein und sehe auf die Kulisse hinab. Eine Moderne Inszenierung erwartet mich, „sagen“ mir die Flachbildschirme an der hinteren Bühnenwand.

Leonce und LenaWenn die Gegenwart, die Vergangenheit küsst und Intendanten sowie Schauspieler die Spieluhr in die Hand bekommen, dann entsteht etwas Neues. Vielleicht liegt es auch in der Möglichkeit etwas Neues zu schaffen, sich aus der Gefangenschaft des Seins zu befreien und was ganz anderes in Gang zu bringen. Ich war im Theater und muss es unbedingt loswerden. Ihr kennt mich vielleicht schon gut genug. Was raus muss, muss raus.

Das Stück beginnt mit Szenen eines Freundes-Paares, dessen Leben geplagt ist von einem immer wiederkehrenden Alltag. Dessen Lebensfreude und Mut durch das Gleichbleibende so herab sinkt, dass der Sinn des Lebens hinterfragt wird. Der Versuch Schönheit in den Dingen zu finden oder sich den Alltag mit Alkohol schön zu trinken bleibt erfolglos. Was bleibt einem auch anderes übrig? Sind wir doch Gefangene in einer Welt die durch Politik, Machtlosigkeit und Schicksalsschlägen bestimmt wird. Oder nicht?

Der Ausbruch ist vorherbestimmt, wollen wir doch nicht so weiter Leben wie wir es bisher getan haben. Wir wollen Leben oder zumindest uns Spüren und vielleicht auch einen neuen Weg und Anfang suchen.

So schafft es das Stücks die gespürte Sinnlosigkeit aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu bringen. Die hoffnungslose Aussicht wird uns gnadenlos über die Bildschirme entgegen geworfen. Prall gefüllte Schlauchbote, mit Flüchtlingen die ihren Versuch auszubrechen wagen. Davor stehen Merkel und Altmeier oder Königin und Diener und winken dem Boot hinterher das mitten im Meer gestrandet ist. Wir kennen das Bild zu hauf. Während also große Entscheidungen getroffen werden, ist das Interesse der Großen eher von kleiner Natur- Kartoffeln. Doch was bedeutet es, nicht vor und nicht zurück zukommen? Haben wir das auf uns zu kommen sehen, dass wir heute genau an diesem Fleck sind? Wollen wir überhaupt in so einer Welt leben, die so Hasserfüllt und Hilfsbereit zugleich ist?

Was macht dies mit uns? Eine Antwort findet Lena in diesem Stück. Lyrisch bringt sie ihr Dilemma hervor, dass durchaus für ein Lyrischen Blog geeignet wäre (Ich hab vergessen was sie so klangvoll sagte). Doch es ist der Lauf der Inszenierung, dass sich das Ventil in Selbstverletzenderweise zeigt. Der Schmerz über die Sinn- und Machtlosigkeit über das eigene Leben sitzt tief.

Heute noch versuchen Menschen aus ihrem Alltag und aus ihrem Leben auszubrechen, weil sich dieses Geradlinige nicht lohnt; die Ordnung nicht stimmt. Ich habe mir in meinem Leben öfter gewünscht jemand anderes zu sein, eine andere Arbeit als diese zu tun. Den Druck nicht mehr zu spüren der auf mir lastet. Besonders in meiner derzeitigen Situation wünschte ich, mich in eine Ecke stellen zu können und einfach nicht krank zu sein. So packt mich das Theaterstück auf eine Art und Weise so tief, dass ich merke, dass ich nicht vor mir selber fliehen kann und das tut weh. Ich bin gefangen in meinem Leben. Zum Glück nicht hilflos wie ich selbst bemerke. Ich bin mein eigener Schauspieler und arbeite mit den Dingen die mir entgegen geworfen werden. Am Ende des Stücks hieß es:

Wir lassen alle Uhren zerschlagen, alle Kalender verbieten und zählen Stunden und Monden nur nach der Blumenuhr, nur nach Blüte und Frucht.

 

Bewegte Grüße

Eure Onko

 

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Eine Antwort zu Gefangen im Sein- Theaterfazit zu: Leonce und Lena.

  1. fraggle schreibt:

    Da fällt mir wieder ein, dass ich das Gesamtwerk von Büchner zu Hause liegen habe – ich sollte es vielleicht endlich lesen! 🙂

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