Krankenhaus-Kolla

IMAG1130_1Es hat mich heute morgen so richtig schön erwischt! Es hat sich in mein Zimmer und unter mein Bett geschlichen. Das Monster namens Krankenhaus-Kolla. Könnte man ihm ein Gesicht und einen Körper geben hätte es eine fiese Fratze mit vielen Armen zum Erschrecken und Piesacken. 

Wie es das geschafft hat? Na ganz einfach!

Zunächst kommt das fiese kleine Stechen im Hals, welches noch durch den Beatmungsschlauch bei der Operation verschuldet ist. Natürlich dann wenn ich schlafe. Irgendwo dicht am Rand zwischen Lunge und Speiseröhre kratzt es. Es hilft kein Husten und auch kein Trinken. Gut, dass ich im Krankenhaus bin und die Nachtschwester mir auch schnell etwas gegen diesen Fiesling geben kann. Meine Zimmergenossin schaut derweil noch mit Kopfhörern Fernsehen und ich versuche bei leicht flackerndem Licht wieder einzuschlafen.

Dass ich seit meiner Chemo nicht durchschlafen kann, weil meine Hitzewallungen mich spätestens um Fünf Uhr morgens aus dem Schlaf reißen, bin ich gewohnt. Nach meiner OP ist das natürlich etwas schwieriger zu verkraften. Und so liege ich heute Morgen, wo auch sonst, in meinem Krankenbett und öffne wie gewohnt zu einer Tageszeit die Augen, in der noch nicht mal die Reinigungskraft im Klinikum guten Morgen sagt.  „Och Nö, dass muss jetzt wirklich nicht sein“ denke ich noch, während die Parkplatzlaternen mich durch den untersten Spalt der Jalousie blenden. (Natürlich habe ich vergessen diese am Abend zuvor richtig zu schließen) Da liege ich, wie die Hitzewallung mich zurück lies: Nass und zitternd vor Kälte, weil die Haut sich durch das Schwitzen genauso schlagartig abkühlt. Fast könnte man meinen ich wäre frisch Geboren.

IMAG1158Nachdem ich mir dieses typische Krankenhausgewand der Extraklasse in den Rücken geschoben habe, ging es auch wieder mit dem Schüttelfrost. Gott sei Dank! Augen zu und ab in das Land der Träume! Klappt auch… beinahe, denn plötzlich so ganz unvermittelt spüre ich wie die Drainage unter meiner Bandage und direkt am Haupteingang zu Pieken und Jucken beginnen. Meine Hände verkrampfen. Mein nicht zu erkennen aber eindeutig frustrierter Blick geht Richtung Tür. Von der bereits die ersten Geräusche einer wachen Person vermutlich eine Nachtschwester sowie eins der vielen automatisierter Transportfahrzeuge zu hören sind. „Vorsicht! Automatischer Warentransport“ erklingt die extra dafür aufgenommene Frauenstimme, im 10 Sekunden-Takt. Während das automatisch fahrende Surfbrett auf Rollen durch den Flur in ein extra Raum fährt. Coole Sache, muss ich schon sagen aber um 5 Uhr morgens nicht dass was ich hören wollte. Eigentlich wollte ich gar nichts hören! Ich wollte schlafen.

Nachdem ich mich gegen das Rufen der Schwester entschieden habe, weil ich auch meine Zimmernachbarin nicht wecken wollte und kein Bock auf helles Licht hatte, bin ich tatsächlich nochmal eingeschlafen. Um halb sieben öffnet sich dann erneut die Tür, denn die „Guten Morgen“-Schwester kommt mit Fieberthermometer und Kugelschreiber zum morgendlichen Daten aufnehmen. Puls und Körpertemperatur sind gefragt. Die Chance um nach Schmerztabletten zu fragen, denn meine Schmerztoleranz kommt gerade an ihre Grenzen. Das Positive ist, die Tropfen zum einnehmen erinnern mich an meine Kindheit! Sie schmecken süßlich mit einer bitteren Note im Abgang, was einen witzigen Schwenker am Gaumensegel macht.. also geschmacklich. Nun gut, „Schnäpschen“ hinter die Binde gekippt und auf ein wenig Nachholschlaf gehofft. Bis zum Frühstück so gegen halb Acht, Acht.

Der kleine Anti-Schmerz-Schnaps liegt schwer im Magen und mein Appetit ist als das Essen kommt gegen Null. So sitze ich am Frühstückstisch und trinke eine halbe Tasse Kaffee, der tatsächlich recht lecker schmeckt. Eine Stulle Marmeladenbrot ist auch noch drin und der Rest wird fertig geschmiert, für später! Ich lege mich also frustriert wieder ins Bett; habe einen flauen Magen, blöd geschlafen und durch den Druck der Drainagenkabel ein Jucken und Stechen an den Rippen. Na Danke!

So liege ich im Bett, in dem ich die letzten Stunden so richtig blöd verbracht habe und mir fällt die Decke auf dem Kopf. Ich bin einfach unzufrieden mit der Gesamtsituation! Ich habe mir das Leben anders vorgestellt! Mir wird mal wieder bewusst was Krebs mit einem macht. Dabei habe ich bereits so viel positives erlebt und nun liege ich hier habe diese verdammten Scherereien mit meinen Drainagen, die ich bereits dreimal aus ihrer Verbindung gerissen habe. Die Schleusen öffnen sich und ich muss raus. Raus aus dem Bett und raus aus dem Krankenzimmer in das Gesprächszimmer. Dort komme ich dann erst einmal zur Ruhe, spreche mit der Stations-Schwester und fasse einen Entschluss.

Ich muss nach draußen, frische Luft schnuppern und was anderes sehen. Also Handy gezückt, Freund angerufen und die halbe Stunde genutzt um mich mal wieder zu schminken! Danach ging es raus, einmal am Gebäude zum Haupteingang entlang und dann lecker Cappuccino trinken. Im Anschluss haben wir dann noch am Feuerwehr-Teich Enten und Möwen gefüttert. 😀 Eine sehr tolle Idee 😀 denn positive Kindheitserlebnisse tun gut. Danach bin ich dann wieder hoch in meine Station und alles sah schon etwas besser aus.

Meine Zimmergenossin wurde heute entlassen ich habe nun das Zimmer für mich alleine. Ruhe ist eingekehrt und sogar Besuch hatte ich heute zweimal 🙂 Darüber habe ich mich ebenfalls sehr gefreut!

Morgen ist ein neuer Tag und mir ist im Gespräch mit meinem Freund klar geworden, ich bin ungeduldig mit mir selbst. Es ist zwar mit einer Silikon und Stoffhupe anders aber ich fühle mich nicht anders. Ich muss mich auch nicht auf Anhieb attraktiv finden und ich muss nicht den Ansprüchen der anderen gerecht werden, sondern mich neu kennen lernen, wahrnehmen und meine eigene Schönheitsformel aufstellen. Mit dem was ich habe, mit dem was ich bin und mit dem was kommt.

Es ist nicht einfach aber es ist auch nur ein Teil meines Lebens!

Liebe Grüße

Eure Onko

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4 Antworten zu Krankenhaus-Kolla

  1. Kiki schreibt:

    „Ich bin einfach unzufrieden mit der Gesamtsituation! Ich habe mir das Leben anders vorgestellt!“ Du sprichst mir aus der Seele (wie wahrscheinlich so ziemlich jeder/m)! Und genau in diesen Momenten erinnere ich mich auch gerne an meine früheren glücklichen Tage.
    Es liest sich immer so „einfach“, „locker und flockig“, aber ich kann mir vorstellen wie unruhig oder auch chaotisch es in Dir zugeht.. Wenn Du die Zeit brauchst, um Dich zu sortieren, dann ist es eben so. Lass Dir bloß von keinem was anderes einreden! Aber ich denke, das weißt Du selbst. 😉
    „Morgen ist ein neuer Tag“! Das muss ich mir auch öfters mal sagen.

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  2. duese schreibt:

    Wie lange musst du denn noch bleiben, liebe Onko?
    Halt die Ohren steif!!

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